Gørlev


Navidaten: 55.53784 11.22628 oder: Kirkevangen 14B, 4281 Gørlev



Bei meiner 2016er Wikinger-Tour in Dänemark kam ich auch zur Kirche in Gørlev. Am Sonntag, 28.08.16, war die Kirche leider geschlossen. Da ich auf meinem Heimweg am Mittwoch, 31.08.2016, nochmals durch Gørlev kam, war ich hocherfreut, dass die Kirche wenigstens diesmal geöffnet hatte.

           


Gørlev 1

Listennummer : DR 239 / DK Sj 46

Als im Jahre 1921 eine neue Treppe im südlichen Waffenhaus der Kirche von Gørlev angelegt werden sollte, wurde durch den ausführenden Maurer Christiansen unter der alten Treppe ein Stein mit sonderbaren Zeichen entdeckt. Der örtliche Pfarrer, Pastor Høyrup, gab ihm trotzdem den Auftrag eine neue Treppe auszuführen. Durch das energische Eingreifen des Kassierers D. Møller (der Gørlev Zuckerfabrik), der zufällig von der Sache gehört hatte, - er entfernte die vorhandenen Zementreste vom Stein und erkannte, dass Runenzeichen vorhanden waren - konnte der Stein gerettet und der Fund dem Nationalmuseum Kopenhagen gemeldet werden. Ein paar Tage später erschien der Museuminspektor Kai Uldall in Gørlev und untersuchte ihn. Dazu mnusste er freigelegt und mittels einer Kranvorrichtung wurde der ca. 5000 kg schwere Stein aufgestellt. Dabei erwies sich, dass er 3,15 m hohe Stein auf beiden Seiten Runenzeichen hatte.  

Der Stein stand nach seiner Entdeckung eine Zeitlang im Kirchhof, bis er ins Waffenhaus gebracht wurde, wo er heute noch neben dem Gørlev-Stein 2 steht.    

Der Gørlev-Stein 1 gehört zur ältesten Periode der dänischen Runensteine und kann in das 9. Jahrhundert datiert werden. Aufgrund seiner Inschrift, die auf zwei Seiten des Steins angebracht ist, handelt es sich um einen der interessantesten Runensteine Dänemarks.    

Die Grabbannungsformel „Genieße des Grabes wohl“ (Seite A), die den Toten im Grabe festhalten soll, begegnet uns auch auf dem Stein von Nørre Nærå/Fünen. Die magische Buchstabenfolge ergibt drei Wörter auf -istil mit jeweils verschiedenem Anlaut: pistil, mistil, kistil „Distel, Mistelzweig, Kistchen“. Allerdings ist es noch nicht gelungen, die Bedeutung dieser Formelwörter, die genauso auf dem Ledberg-Stein (Östergötland/Schweden) und in ähnlicher Anordnung noch in anderen Inschriften vorkommen, zu erfassen. Ausgehend von den Fluchstrophen der zauberkundigen Busla (vgl. Sammlung Thule, Bd. II), die am Schluss eine sechsfache in Runen geschriebene Folge von istil-Wörtern bietet, hat die Erklärung als Fluchwörter (hier: gegen Grabschänder ?) noch am meisten für sich.

Bilder vom Besuch am 31.08.2016:

       

 


Gørlev 2

Listennummer : DK Sj 47

Der Stein wurde bei einer Restaurierung der Kirche von Gørlev im Jahre 1964 in der untersten, südwestlichen Steinlage der Turmmauer gefunden.

Bild vom Besuch am 31.08.2016:

       


Durch den dänischen Runologen Erik Moltke wurde der Stein 1 in den 1930er Jahren fotografiert. Der Stein 2 wurde bei seiner Entdeckung und Aufstellung 1964 ebenfalls durch Herrn Moltke abgelichtet. Diese s-w Fotos kann man der digitalen Sammlung des Nationalmuseums in Kopenhagen entnehmen. Für diese Fotos gilt jeweils die Lizenz CC-BY-SA.

 

 Gørlev Stein 1


   

Gørlev Stein 2


Im Vorfeld zu dem 2016 erschienenen Buch von Lisbeth M. Imer "Danmarks Runesten - en fortælling" reiste die Runologin des Nationalmuseums Kopenhagen mit dem Fotografen Roberto Fortuna zur Bestandsaufnahme durch die Lande. Dieser hat die Runensteine mit Schräglicht aufgenommen und darüber wirklich herausragende Fotos erzielt.

Gørlev 1:

   

beide Fotos - Lizenz CC-BY-SA 3.0


Gørlev 2:

Lizenz CC-BY-SA 3.0


Beide Runensteine nebeneinander - Roberto Fortuna

Lizenz CC-BY-SA 3.0


Hier findet sich ein Bericht in dänischer Sprache mit etlichen Fotos, die bei der Entstehung dieser professionellen Fotografien der beiden Runensteine durch Herrn Roberto Fortuna in Zusammenarbeit mit der Runologin Lisbeth Imer im November 2012 im Waffenhaus der Kirche von Gørlev aufgenommen wurden.


Im Internet findet sich über die Homepage der dänischen Runendatenbank hier und hier alle Infos zu diesen beiden Runensteinen.

Der entsprechende Eintrag zu den beiden Runensteinen in "Fund og Fortidsminder" ist hier und hier verlinkt.


Über diesen Link findet man die in dänischer Sprache verfasste Abhandlung "Runestenen i Görlev" aus Aarbøger fra Holbæk Amt, 1923, S. 37-52, von Johannes Brøndum-Nielsen (*2.12.1881 - † 9.3.1977, Professor Dr phil. für nordische Sprachen an der Universität Kopenhagen).