Aufbruch

Die Hintergründe für die anscheinend plötzliche Expansion der skandinavischen Länder Anfang des 9. Jahrhunderts sind oft diskutiert worden. Wahrscheinlich handelte es sich nur um eine Kulmination dessen, was bereits in den Jahrhunderten vor der Wikingerzeit vor sich ging, aber aufgrund veränderter Verhältnisse, bekommt der Aufbruch jetzt explosionsartigen Charakter. Aus europäischer Perspektive befinden wir uns in einer Epoche, in der sich die politischen und wirtschaftlichen Schwerpunkte vom Mittelmeerraum nach Norden verlagert haben. Durch das Vordringen der Araber in den Mittelmeerländern in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts war der Handel zwischen Byzanz und Westeuropa unterbrochen. Neue Handelswege zwischen Ost und West mussten gefunden werden, und diese führten jetzt über die Ostsee und Skandinavien und über die russischen Flüsse Dnjepr und Wolga.

Die Einigung des Frankenreiches bedeutete, dass das nordwestliche Europa vom 7. bis 8. Jahrhundert handelspolitisch größere Bedeutung gewann, und bereits zu Anfang der Wikingerzeit gab es feste Handelsverbindungen zwischen Dänemark und dem Rheingebiet. Die Stadt Dorestad (das heutige Duurstede in Holland) am unteren Lauf des Rheins gehörte zu den wichtigsten Handelszentren Nordeuropas. Von Dorestad wurden die Produkte des Rheingebiets mit Schiffen in andere Gegenden des Frankenreiches und nach England gebracht.

Die reiselustigen und neugierigen Wikinger waren sehr gut über die instabilen politischen Verhältnisse orientiert, die vielerorts in Westeuropa herrschten. Mit der Verschiebung der europäischen Handelszentren nach Norden eröffneten sich neue Möglichkeiten für leichte Beute, und die Wikinger zögerten nicht, diese neue Situation auszunutzen.

Das Schiff spielte in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle. Die nordischen Schiffe waren seetüchtige, schnelle Fahrzeuge, die sich für Überraschungsangriffe und schnellen Rückzug hervorragend eigneten.

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